2025-12-02 HaiPress
Der Regenpfeiferacker bei Hemmingen ist einer der wichtigsten Rastplätze für Zugvögel in Baden-Württemberg – und von landesweiter Bedeutung für zahlreiche gefährdete Arten wie zum Beispiel den Mornellregenpfeifer. Trotzdem ist das Gebiet im aktuellen Entwurf der Teil-Regionalplanung des Verbands Region Stuttgart als Vorrangfläche für Windkraft (LB-08) vorgesehen.
Am 3. Dezember soll die Regionalversammlung die Satzung über die Teilfortschreibung des Regionalplans zur Festlegung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen beschließen. Vor diesem Hintergrund wenden sich die Naturschutzverbände zusammen mit ihren Gruppen aus der Region gemeinsam gegen diese Planung und fordern,den Regenpfeiferacker aus der Windkraftkulisse herauszunehmen.
Windenergie ja – aber naturverträglich
NABU und BUND unterstützen ausdrücklich den Ausbau der Windenergie als wichtigen Teil der Energiewende und begleiten die Planungsoffensive des Landes Baden-Württemberg seit Jahren konstruktiv. Wesentlich für die Verbände ist,dass der Ausbau so naturverträglich wie möglich erfolgt. Entscheidendes Kriterium dafür ist an erster Stelle eine gute Standortwahl.
Nur in ganz wenigen Fällen setzen sich die Verbände gegen die von den zwölf Planungsregionen des Landes vorgesehenen Vorranggebiete für Windenergie ein. Der sogenannte Regenpfeiferacker bei Schwieberdingen-Hemmingen ist die einzige Fläche im Landkreis Ludwigsburg,die die Verbände aufgrund ihrer landesweiten Bedeutung als Rastplatz für eine große Zahl unterschiedlicher Arten und Individuen für den Ausbau der Windenergie für ausgeschlossen halten.
Gerade bei besonders sensiblen Arten und Schlüsselgebieten müssen aus Sicht der Verbände klare Grenzen gesetzt werden. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen,dass der Mornellregenpfeifer vertikale Strukturen wie Windenergieanlagen großräumig meidet. Wird der Regenpfeiferacker mit Windrädern bebaut,verliert der Mornellregenpfeifer diesen Rastplatz faktisch komplett. Der streng geschützte Vogel nutzt das Gebiet regelmäßig auf seinem Zug zwischen Brutgebieten in Nordeuropa und den Überwinterungsgebieten im Süden.
Ein Schlüsselgebiet für den Vogelzug
Neben dem Mornellregenpfeifer rasten auf der Fläche regelmäßig mehr als 40 weitere Zugvogelarten,darunter Korn- und Wiesenweihe,Brachpieper oder Ortolan. Der Regenpfeiferacker bietet weitläufige,offene Ackerflächen – genau die Strukturen,die viele Zugvögel für Rast und Nahrungssuche benötigen. Geht dieser Rastplatz verloren,fehlen ihnen auf der langen Reise entscheidende Trittsteine,mit Folgen weit über die Region Stuttgart hinaus. Eine gerade rechtzeitig vor der entscheidenden Regionalversammlung fertig gestellte fachgutachterliche Einschätzung belegt und unterstreicht die landesweite Bedeutung der Fläche. Auf die überragende Bedeutung der Fläche weisen auch das Landratsamt Ludwigsburg und das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart in ihrer Stellungnahme hin. Das RP rät ausdrücklich von einer Ausweisung der Fläche ab.
Forderungen an den Verband Region Stuttgart: Verantwortung für den Naturschutz übernehmen
NABU und BUND verbinden ihre Kritik am Standort LB-08 mit einem klaren Appell an die Mitglieder der Regionalversammlung: „Werden Sie Ihrer Verantwortung für den Naturschutz gerecht,indem Sie der Ausweisung des Regenpfeiferackers als Windvorrangfläche nicht zustimmen“,betont Enssle.
„Wir brauchen Windkraft – aber wir dürfen dafür nicht ausgerechnet die letzten überregional bedeutsamen Rastplätze für Zugvögel opfern“,so die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch. „Der Verband Region Stuttgart hat es jetzt in der Hand,hier ein klares Signal für eine wirklich naturverträgliche Energiewende zu setzen.“
Ehrenamt trägt den Vogelschutz – und verdient Respekt
Dass die Bedeutung des Regenpfeiferackers heute so gut dokumentiert ist,ist vor allem der jahrelangen Arbeit von Ehrenamtlichen zu verdanken. Seit 2013 kartieren engagierte ehrenamtliche Ornithologen der Naturschutzverbände systematisch den Vogelzug in dem Gebiet,dokumentieren Rastzahlen und setzen sich für den Schutz der besonders wertvollen Fläche ein.
„Ohne das genaue Hinsehen und Dranbleiben unserer Ehrenamtlichen wäre die Datenlage zu vielen besonderen Arten viel zu dünn. Gerade,weil im Zeichen der Beschleunigung für viele Verfahren keine umfangreichen Artenschutzgutachten mehr erstellt werden müssen“,sagt der NABU- Landesvorsitzende Johannes Enssle. „Die Menschen,die bei Wind und Wetter draußen stehen,leisten hier unsichtbare Grundlagenarbeit für den Naturschutz. Und genau dieses Wissen muss in der Planung ernst genommen werden.“
Hintergrund zum Fachgutachten:
Im Zeitraum 2024 bis 2025 (bei einigen Arten 2021 bis 2025) wurden Erfassungen von 14 wertgebenden Rastvogelarten mit insgesamt ca. 1.150 Individuen ausgewertet,darunter mehrere Greifvogelarten,Watvögel und seltene Singvögel. Zu den besonders relevanten Arten zählen etwa Kornweihe (stark gefährdet),Wiesenweihe (Vorwarnliste),Rohrweihe und Merlin sowie Kiebitz,Goldregenpfeifer (vom Erlöschen bedroht) und Mornellregenpfeifer (stark gefährdet),deren Rastzahlen und regelmäßige Nutzung dem Gebiet landesweit hohe Bedeutung verleihen. Auch sehr seltene Singvogelarten wie Brachpieper (stark gefährdet) und Ortolan (gefährdet) wurden regelmäßig bei der Rast erfasst.
Link zum Fachgutachten
PM NABU Baden-Württemberg
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